Zurück auf Start: Was die nächste Bundesregierung anders machen muss!
Bauaussichten 2025 von Roland Meißner, Geschäftsführer Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.
Mit der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 steht Deutschland vor einem dringend benötigten Neustart. Egal wie sich die neue Bundesregierung zusammensetzen wird – ein „weiter so“ kann und darf es nicht geben. Denn wohnungsbaupolitisch hinterlässt Bauministerin Klara Geywitz einen Scherbenhaufen. Nahezu keine wohnungsbaupolitische Herausforderung konnte gelöst werden. Ob Bürokratie, Finanzierung oder energetische Anforderungen, fast alle Problemstellungen haben sich in den letzten Jahren verschärft. Auch deshalb fehlen inzwischen gut 800.000 Wohnungen für Normalverdiener, vor allem in den Metropolen und Universitätsstädten.
Bezahlbares Wohnen ist zur neuen sozialen Frage in Deutschland geworden, die das Potenzial hat, unsere Gesellschaft zu spalten und Wahlen im Sinne von politischen Extremisten zu entscheiden.
Fakt ist auch, Bauwirtschaft und Baustoffindustrie haben in den letzten zwei Jahren 50 Prozent der Aufträge verloren. Die größte ökonomische Krise im Wohnungsbau seit dem Zweiten Weltkrieg geht nun bereits ins dritte Jahr. Mit allen Konsequenzen für Produktion, Belegschaft und Investitionen. Und Besserung ist kaum in Sicht. Aber wo bleibt die politische Lobby für die heimische Bauwirtschaft und Baustoffindustrie? Nichts zu hören und zu sehen, obwohl wir ein größerer Wirtschaftsfaktor als die Automobilindustrie in und für Deutschland sind.
Der Bruch der Ampel im November 2024 hat neue Zweifel für eine höchst verunsicherte Branche geschaffen. Wie auch immer die politische Diskussion um den Nachtragshaushalt 2024 zum Erscheinungstermin dieser Bauaussichten ausgegangen sein mag, ein verfassungsgemäßer Haushalt wird frühestens im Frühling, realistisch sogar erst im zweiten Quartal 2025 stehen. Und die bis dahin grundgesetzlich vorgeschriebene vorläufige Haushaltsführung dürfte zum Beispiel KfW-Förderungen oder die Co-Finanzierung von Forschungsaktivitäten zu Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft für Monate stilllegen.
Weg mit den ideologischen Scheuklappen
Dabei hätte es alles anders kommen sollen. Unsere gesamte Branche hatte für ein eigenständiges Bauministerium gekämpft und Frau Geywitz mit offenen Armen empfangen. Natürlich war klar, dass ein neu geschaffenes Ministerium ohne Haushalt und Personal Anlaufzeit benötigen würde. Aber jetzt, gut drei Jahre später, tun sich selbst die Wohlmeinenden schwer damit, Gutes im Regierungshandeln zu finden. Und dafür gibt es drei triftige Gründe.
Systemisch ist es fatal, dass die Mittel zur Neubauförderung nicht dem Bundesbau- sondern dem Wirtschaftsministerium zugeordnet sind. Und solange Geld da war, bleibt festzuhalten, dass die Neubaumittel zugunsten der Bestandssanierung „geplündert“ werden sollten.
Das führt mich zu Grund Nummer zwei. Die Ampel ist an ihrer ideologischen Verblendung gescheitert. 400.000 Wohnungen jährlich sind mit dem verfügbaren Personal von Baugewerbe und Bauindustrie schlicht nicht zu schaffen. Selbst ohne die Zusatzbelastungen von Corona, Ukraine-Krieg und Zinsschock. Aber das im Wahlkampf versprochene und im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel wurde bis weit in die zweite Hälfte der Wahlperiode fast schon trotzig verteidigt. Gleiches gilt für die einseitige Holzbauförderung, die unsere Industrie aus nachvollziehbaren Gründen ablehnt. Weder gibt es ausreichend Holz, um die Neubauziele zu erreichen, noch genügend Fachpersonal oder ausgereifte Methoden. Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wurden immer neue nebulöse Initiativen angekündigt. Die der politischen Einseitigkeit unverdächtige Bundeszentrale für politische Bildung definiert Ideologie übrigens wie folgt: „Der Begriff steht für sogenannte Weltanschauungen, die vorgeben, für alle gesellschaftlichen Probleme die richtige Lösung zu haben.“
Und dieses Kernproblem der Ampel führt uns zu Grund Nummer drei für die Krise im Wohnungsbau. Das Bauen in Deutschland ist schlichtweg zu teuer. Immer neue Auflagen treiben die Kosten so hoch, dass nicht mehr investiert wird. Ohne Förderung ist der Wohnungsneubau nahezu unmöglich geworden. Doch die Umstellung von Breiten- auf ambitionierte Spitzenförderung ist angesichts des riesigen Bedarfs der falsche Weg. Noch dazu, wenn der Mehraufwand für die Förderung sich kaum noch amortisiert. Hinzu kam der immense Vertrauensbruch im Markt nach dem E55-Förderstopp. Natürlich sehen wir als Branche auch, dass durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts künftig weniger Fördermittel zur Verfügung stehen werden, aber sie in realitätsferne Programme wie „Wohneigentum für Familien“ zu „versenken“, hilft niemandem.
Was jetzt zu tun ist
Die gute Nachricht vorab: Wir haben in Deutschland alles, was nötig ist, um das Wohnraumproblem gemeinsam zu lösen. Gute Konzepte, innovative Bauunternehmen und heimische Baustoffe, die Wohnungsbau nachhaltig und bezahlbar möglich machen. Aber wir brauchen eine neue Verständigung darüber, was uns wirklich wichtig ist, ein neues Miteinander von Politik, Bauwirtschaft und Baustoffindustrie. Eine neue Bundesregierung muss mit neuen Instrumenten und vor allem einem ganzheitlichen Blick die Herausforderungen im Wohnungsbau angehen. Vor allem müssen wir von überbordenden Standards herunter.
Wenn wir uns darüber einig sind, dass wir mehr bauen müssen und dass wir alles, was dem bezahlbaren Bauen dient, auch realisieren und wir gemeinsam an Entbürokratisierung, mehr Recycling, klimaneutraler Produktion und passgenauen Förderprogrammen arbeiten, sollte uns nicht bange sein.
Die aktuellen Entwicklungen sollten alle Beteiligten dazu bewegen, mit kritischem Blick und mutigen Entscheidungen Neuerungen in Angriff zu nehmen, um diese Krise gemeinsam, schnellstmöglich zu bewältigen.
Als Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V. haben wir in den 125 Jahren unseres Bestehens schon sehr viel erlebt. Wir werden auch in unserem Jubiläumsjahr 2025 einen deutlichen Beitrag leisten, damit es mit dem Wohnungsneubau in Deutschland wieder aufwärts geht. Auch werden wir uns selbstverständlich gemeinsam mit unseren Partnern in die anstehenden Debatten nachhaltig einbringen. So, wie wir schon immer aufgetreten sind: Klar in der Sprache, aber sachlich und zielorientiert in der Argumentation!
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